Variable Vergütung - Ratgeber für Arbeitgeber

Variable Vergütungsbestandteile sind ein wichtiges Instrument zur Entgeltflexibilisierung und Mitarbeitermotivation.

 

(1) Indem Vergütungssysteme variabel gestaltet werden, kann ein stärkerer Leistungsanreiz gegenüber Arbeitnehmern gesetzt werden und auch schneller auf wirtschaftliche Schwankungen reagiert werden. Die Praxis zeigt, dass individuelle einvernehmliche Vertragsänderungen mühsam sind und diese besonders bei (befürchteten) Verschlechterungen oft nur wenig Erfolg haben. Ähnlich verhält es sich beim Ausspruch von (Massen-) Änderungskündigungen, da die von der Rechtsprechung gesetzten Hürden für eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung extrem hoch sind. Daher sind vertragliche Gestaltungen sinnvoll, die spätere Anpassungen durch einseitiges Handeln des Arbeitgebers ermöglichen.

Da es sich bei vertraglichen Gestaltungen zu variablen Vergütungsbestandteilen regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, sind die durch die AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB gesetzten Rahmenbedingungen und Grenzen zu beachten. So werden überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1 BGB) nicht Vertragsbestandteil und mehrdeutige Klauseln werden zu Lasten des Arbeitgebers (des Verwenders) ausgelegt (§ 305c Abs. 2 BGB). AGB sind auch einer Transparenz-kontrolle (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und regelmäßig einer Angemessenheitskontrolle (§ 307 Abs. 1 und 2 BGB) unterworfen.

Nachfolgend werden einige Gestaltungsmöglichkeiten vorgestellt:

(2) Der Arbeitgeber hat unterschiedliche Möglichkeiten, die Vergütung seiner Arbeitnehmer variabel zu gestalten. So können Vergütungsbestandteile an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers oder an äußere Faktoren wie Geschäftsabschlüsse oder den Unternehmenserfolg anknüpfen. Um nicht dauerhaft bestimmte Vergütungsbestandteile gewähren zu müssen, bedarf es von vornherein vertraglicher Regelungen.

(3) Soweit Einmalzahlungen gewährt werden sollen, ist dringend zu empfehlen, dass diese mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbunden werden. Denn die wiederholte Leistungsgewährung kann eine betriebliche Übung mit der Folge entstehen lassen, dass die Arbeitnehmer auch in Zukunft Anspruch auf entsprechende Leistungen haben. Eine betriebliche Übung setzt ein freiwilliges Verhalten des Arbeitgebers, eine mehrmalige, gleichförmige und vorbehaltlose Wiederholung eines Verhaltens mit kollektivem Bezug voraus (Beispiel: Der Arbeitgeber zahlt drei Jahre hintereinander ein Weihnachtsgeld an die Belegschaft). Da das Bundesarbeitsgericht (BAG) Zweifel an einem Vorbehalt im Arbeitsvertrag äußerte, sollte der Vorbehalt vor bzw. mit der jeweiligen Leistungsgewährung bzw. Vergünstigung schriftlich gegenüber den Arbeitnehmern erklärt werden. Ein Formulierungsvorschlag für einen Freiwilligkeitsvorbehalt könnte wie folgt lauten:

„Es handelt sich um eine freiwillige Leistung, auf die kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht.“

(4) Widerrufsvorbehalte sind ein anderes Instrument, um finanzielle Leistungen an veränderte Bedingungen anzupassen. Sie sind nach der Rechtsprechung des BAG trotz §§ 307, 308 Nr. 4 BGB zulässig. Die Rechtsprechung stellt aber strenge Anforderungen an solche Vorbehalte. So muss der widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25 % liegen. Auch muss der Widerruf auf einen tatsächlich vorliegenden sachlichen Grund gestützt sein, der in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung konkret angegeben sein muss. Da das BAG eine Klausel wegen fehlender transparenter Vertragsgestaltung für unwirksam hielt, die den Widerruf pauschal „aus wirtschaftlichen Gründen“ zulässt, ist bei der Vertragsgestaltung vorsichtshalber zu empfehlen, die Widerrufsgründe im Vertrag möglichst präzise zu bezeichnen.

Bei Widerrufsvorbehalten ist des Weiteren erforderlich, dass die Ausübung des Widerrufsvor-behalts im Einzelfall nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) zu erfolgen hat. Die Einhaltung der Grundsätze billigen Ermessens unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Darlegungs- und beweisbelastet ist der Arbeitgeber.

(5) Eine weitere Möglichkeit, um Entgeltbestandteile zu flexibilisieren, sind Befristungen. Das BAG hat klargestellt, dass insoweit nicht das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) einschlägig ist, sondern eine AGB-Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB erfolgt. Die Befristung einer vertraglichen Regelung muss daher einer Transparenz- und Angemessenheitskontrolle standhalten. Die Angemessenheitsprüfung erfolgt unter Einbeziehung aller Gesamtumstände sowie unter Abwägung der jeweils bestehenden Interessen. Kontrollfähig ist dabei (nur) die Befristung, nicht die Leistung (der variable Vergütungsbestandteil). Da es bisher nur wenig höchstrichterliche Rechtsprechung zu Befristungen von einzelnen Vertragsbedingungen gibt, ist es sinnvoll, sich an der vom BAG festgelegten 25 %-Grenze bei Widerrufsvorbehalten auch bei befristeten Vergütungsbestandteilen zu orientieren. Der befristete Vergütungsbestandteil sollte daher unter 25 % des Gesamtverdienstes liegen.

(6) Eine weitere Variante, mit der Entgeltbestandteile flexibel ausgestaltet werden können, ist eine Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Hierbei gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dem Grund nach einen Rechtsanspruch auf eine Leistung, behält sich jedoch die (abschließende) Entscheidung über deren konkrete Höhe zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt vor. Bei einer Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist entscheidend, ob die Bestimmung durch den Arbeitgeber, in welcher Höhe z.B. ein Bonus gezahlt wird, billigem Ermessen entspricht. Die Ermessensausübung des Arbeitgebers unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, ist der Arbeitgeber. Er muss im Einzelnen darlegen, welche Faktoren er seiner Ermessensentscheidung zugrunde gelegt und wie er diese gewichtet hat.

(7) Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen „bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung“. Soweit flexible Entgeltbestandteile mit allen Mitarbeitern des Betriebes oder jedenfalls einer Gruppe von Mitarbeitern vereinbart werden sollen (kollektive Regelung), besteht das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Lohngestaltung erfasst nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Festlegung von Entlohnungsmethoden. Zur Lohngestaltung gehört auch die Festlegung des Verhältnisses von fester zu variabler Vergütung oder die Festlegung des Verhältnisses variabler Entgeltbestandteile untereinander.

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