Staatliche und behördliche Anordnungen – arbeitsrechtliche Auswirkungen für die Betriebe - Ratgeber für Arbeitgeber

Die Länder – teilweise auch die Kommunen und Städte – haben zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus Allgemeinverfügungen erlassen.

Diese Allgemeinverfügungen richten sich an die gesamte Bevölkerung und enthalten diverse Verbote verschiedener Art. In den zunächst erlassenen Allgemeinverfügungen ist insbesondere das Verbot von Veranstaltungen geregelt sowie für viele Arten von Gewerbebetrieben das Verbot der Öffnung für den Publikumsverkehr. Nunmehr wurden auch erste Allgemeinverfügungen erlassen, die die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung einschränken („Ausgangssperren“).

Neben den Allgemeinverfügungen kann die zuständige Behörde zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus auch gegenüber einzelnen Personen ein berufliches Tätigkeitsverbot aussprechen oder über einzelne Personen eine Quarantäne verhängen.

Um über die arbeitsrechtlichen Auswirkungen der beschriebenen staatlichen und behördlichen Anordnungen zu informieren, werden in diesem Rundschreiben folgende Themen behandelt:

  • Tätigkeitsverbot und Quarantäne – Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG
  • Aktuelle arbeitsrechtliche Auswirkungen für die aufgrund von Allgemeinverfügungen

geschlossenen Betriebe

  • Aktuelle arbeitsrechtliche Auswirkungen für mittelbar betroffene Betriebe
  • Arbeitsrechtliche Auswirkungen einer Ausgangssperre
  • Allgemeinverfügung für SWH: Ausnahmebewilligung für Sonn- und Feiertagsarbeit, sowie Abweichungen von der täglichen Höchstarbeitszeit (f. HH u. Nds. derzeit noch nicht existent)

1.) Tätigkeitsverbot und Quarantäne – Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG

a)
Tätigkeitsverbot und Quarantäne:
§ 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) enthält die Regelung, dass die zuständige Behörde die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach §§ 29 bis 31 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten trifft, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige oder Ansteckungsverdächtige festgestellt werden. Die in Betracht kommenden Maßnahmen nach §§ 29 bis 31 IfSG sind Maßnahmen gegenüber einzelnen Personen.

Nach § 31 IfSG kann gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen oder Ansteckungsverdächtigen die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit untersagt werden (Tätigkeitsverbot). Nach § 30 IfSG kann gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen oder Ansteckungsverdächtigen angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder sonst in geeigneter Weise abgesondert werden (Quarantäne). Der Quarantäneort kann neben einem Krankenhaus auch das eigene Zuhause sein. Wird gegenüber einer Person ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen oder über eine Person Quarantäne verhängt, so erfolgt dies durch einen die Person betreffenden Bescheid des Gesundheitsamtes. Es ist möglich, dass mündliche Anweisungen des Gesundheitsamtes vorab erfolgen.

b)
Im Homeoffice mögliche Arbeitsleistung:
Ist die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit – auch – im Homeoffice möglich und vereinbart, so ist der in häuslicher Quarantäne befindliche Mitarbeiter verpflichtet, die Arbeitsleistung dort zu erbringen und der Arbeitgeber schuldet die entsprechende vertragliche Vergütung. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Fälle, in denen die Erbringung der Arbeitsleistung wegen der Quarantäne nicht mehr möglich ist.

c)
Freistellungsanspruch eines Mitarbeiters in Quarantäne:
Erklärt ein Mitarbeiter, dass er aufgrund einer erforderlichen Quarantäne keine Arbeitsleistung erbringen kann, so ist er gegenüber dem Arbeitgeber auf Anforderung verpflichtet, den Bescheid des Gesundheitsamtes vorzulegen, mit dem die Quarantäne verhängt wurde. Sollte zu Beginn der Quarantäne zunächst nur eine mündliche Anordnung des Gesundheitsamtes vorliegen, so sollte der Arbeitgeber die Freistellung auch zunächst gewähren, aber darauf hinweisen, dass ein schriftlicher Nachweis durch den Mitarbeiter vorzulegen ist und die Vergütung oder Entschädigungsleistung von der Vorlage des Nachweises abhängt.

Ein Mitarbeiter ist im Zweifel nicht berechtigt, für sich selbst eine Quarantäne-Entscheidung zu treffen. Dies jedenfalls nicht mit der Folge für sich selbst gegen den Willen des Arbeitgebers einen Freistellungsanspruch zu erwirken. Auch die bloße Angst eines Mitarbeiters vor einer – nicht nachweislich bestehenden – Ansteckungsgefahr berechtigt nicht zum eigenmächtigen Fernbleiben von der Arbeit.

Ein Mitarbeiter, der durch Vorlage eines behördlichen Bescheides nachweist, dass für ihn eine Quarantäne verhängt wurde, hat Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die Dauer der Quarantäne.

d)
Vergütungsanspruch eines Mitarbeiters in Quarantäne:
Ein Vergütungsanspruch für einen Mitarbeiter, der neben der Quarantäne auch wegen Krankheit arbeitsunfähig ist, besteht nach den normalen Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Sofern aber ein in Quarantäne befindlicher Mitarbeiter nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, so kommt als Regelung für den Fortbestand des vertraglichen Vergütungsanspruchs grundsätzlich nur § 616 BGB in Betracht.

§ 616 BGB regelt, dass der zur Dienstleistung verpflichtete Arbeitnehmer des Anspruchs auf Vergütung nicht dadurch verlustig wird, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Die Geltung von § 616 BGB kann durch arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Regelung ausgeschlossen (= abbedungen) werden.

Wurde die Geltung von § 616 BGB durch vertragliche Regelung generell abbedungen, hat der Mitarbeiter während der Dauer der Quarantäne keinen vertraglichen Vergütungsanspruch (siehe aber zum Anspruch auf Entgelt auch unten e).

Wurde die Geltung von § 616 BGB nicht vertraglich abbedungen, so verliert der Mitarbeiter seinen Anspruch auf Vergütung nicht, sofern das Leistungshindernis nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ besteht. Zu der Frage, was „verhältnismäßig nicht erheblich“ ist, gibt es nur wenig Einzelfallrechtsprechung. In den entschiedenen Fällen wurden einige Tage und bis zu zweieinhalb Wochen für „verhältnismäßig nicht erheblich“ gehalten. Soweit in einem älteren BGH Urteil ein längerer Zeitraum für noch „verhältnismäßig nicht erheblich“ gehalten wurde, so ist dies nach unserer Überzeugung für die aktuelle Situation nicht von Relevanz.
Die Kommentarliteratur sagt, dass für die Frage, ob die Leistungsverhinderung noch verhältnismäßig ist und somit ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach § 616 BGB besteht, die Art, Dauer und Schwere des Verhinderungsgrundes sowie die persönliche Situation des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Wir gehen davon aus, dass im Quarantäne-Fall maximal zwei Wochen noch als verhältnismäßig nicht erheblich einzustufen sind und daher ein vertraglicher Vergütungsanspruch bei Quarantäne für maximal zwei Wochen bestehen kann. Eine solche Begrenzung ist auch deshalb nicht unangemessen, weil der Mitarbeiter die Möglichkeit hat, ggf. eine alternative Vergütung nach § 56 IfSG zu erlangen.

Geht die Quarantäne-Dauer über den Zeitraum von 2 Wochen hinaus, so entfällt der Anspruch auf vertragliche Vergütung von Anfang an. (Zur Erklärung: § 616 BGB greift nicht zunächst für den ersten verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum, sondern die Anwendbarkeit der Vorschrift entfällt von Anfang an, wenn der Verhinderungszeitraum länger andauert, als eine „verhältnismäßig nicht erhebliche“ Zeit.)

e)
Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG:
Die Vorschrift enthält folgende Regelungen:

  • Personen, die nach dem Infektionsschutzgesetz ein Tätigkeitsverbot erhalten haben

oder über die nach dem Infektionsschutzgesetz Quarantäne verhängt wurde, erhalten eine Entschädigung in Geld, wenn sie aufgrund der genannten Maßnahmen einen Verdienstausfall erleiden (§ 56 Abs.1 IfSG).

  • Die Entschädigung wird für die ersten 6 Wochen in Höhe des Verdienstausfalls gewährt (§ 56 Abs.2 IfSG).
  • Der Arbeitgeber hat die Entschädigung für Arbeitnehmer für die Dauer von 6 Wochen für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs.5 IfSG).

Der Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG besteht also nur für (natürliche!) Personen. Der Anspruch setzt zwingend voraus, dass die Quarantäne durch einen förmlichen Bescheid der Gesundheitsbehörde verhängt wurde. Außerdem besteht der Anspruch nur dann, wenn der Mitarbeiter für den Zeitraum der Quarantäne keinen vertraglichen Vergütungsanspruch hatte.

Da der Arbeitgeber durch § 56 Abs.5 IfSG verpflichtet wird, hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs in Vorleistung zu gehen, kann er nach entsprechender Leistung für / mit dem Arbeitnehmer einen Erstattungsantrag stellen. Der Erstattungsantrag ist innerhalb von 3 Monaten nach Ende der Quarantäne zu stellen (§ 56 Abs.11 IfSG). Er ist vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber zu unterzeichnen. Der Arbeitgeber kann einen Vorschuss auf die voraussichtlich zu leistenden Beträge bei der Behörde beantragen (§ 56 Abs.12 IfSG).

Der Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG besteht auch für selbständig tätige Einzelpersonen, wenn sie aufgrund einer über sie behördlich verhängten Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden. Für die Höhe ihres Verdienstausfalls sind die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts maßgeblich. Als Nachweis dient bei selbständig tätigen Einzelpersonen der letzte Einkommensteuerbescheid.

Festzuhalten ist: Ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG kommt – nach derzeitiger Fassung - nur für die hier beschriebenen Fallkonstellationen in Betracht. Das Infektionsschutzgesetz enthält weder in § 56 noch an sonstiger Stelle einen anderen oder andersartigen Entschädigungsanspruch, der die Unternehmen (juristische Personen) berechtigen würden, eine Erstattung von Schäden zu verlangen, die aufgrund der Pandemie für Freistellung von Mitarbeitern zur Kinderbetreuung, entgangenen Gewinn, sonstige betriebliche Kosten, o.ä. entstanden sind.

f)
Höhe des Entschädigungsanspruchs und Kollision mit Kurzarbeit:
Der Mitarbeiter, der für den Quarantänezeitraum keinen Anspruch auf vertragliche Vergütung hat – weil entweder § 616 BGB abbedungen wurde oder weil die Quarantäne länger als 2 Wochen dauert (s.o.) – hat einen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 56 IfSG.

Es handelt sich um einen Entschädigungsanspruch gegen die zuständige Behörde, für den der Arbeitgeber vorleistungspflichtig ist (aber es handelt sich eben nicht um einen Anspruch auf vertragliche Vergütung).

Der Entschädigungsanspruch besteht in der Höhe des Verdienstausfalls. Als Verdienstausfall gilt gem. § 56 Abs.3 Satz 1 IfSG das Arbeitsentgelt, das dem Mitarbeiter bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zugestanden hätte (Netto-Arbeitsentgelt).

Nach § 57 IfSG besteht für Personen, denen eine Entschädigung nach § 56 IfSG zu gewähren ist, die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung fort. Die Sozialversicherungsbeiträge sind nach Maßgabe des § 57 IfSG auf ein fiktives Arbeitsentgelt zu berechnen.

Die von dem zur Vorleistung verpflichteten Arbeitgeber entrichteten Sozialversicherungsbeiträge werden ihm ebenfalls erstattet (§ 57 Abs.1 Satz 4 IfSG).

Wurde mit dem Mitarbeiter bereits vor Beginn der Quarantäne Kurzarbeit vereinbart, so erhöht sich die dem Mitarbeiter zustehende Entschädigung um das Kurzarbeitergeld, auf „das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht […] an der Arbeitsleistung verhindert wäre“ (§ 56 Abs.3 Satz 2 IfSG). Muss also ein Mitarbeiter nach bereits vereinbarter Kurzarbeit in Quarantäne, so besteht sein Entschädigungsanspruch in Höhe der Summe aus Kurzlohn und Kurzarbeitergeld. Der Quarantäne-Entschädigungsanspruch soll den Mitarbeiter nicht besser stellen, er stellt den in Kurzarbeit befindliche Mitarbeiter hinsichtlich des an ihn auszuzahlenden Betrages genauso, wie er gestanden hätte, wenn die Quarantäne nicht eingetreten wäre.

Wurde mit dem Mitarbeiter Kurzarbeit null vereinbart, so besteht der Entschädigungsanspruch nur in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Es handelt sich um Regelungen zur Höhe des Entschädigungsanspruchs, nicht um „originäres“ Kurzarbeitergeld. Die Erstattung für die gezahlten Beträge ist insgesamt nach § 56 IfSG bei der zuständigen Gesundheitsbehörde zu beantragen.

g)
Antragstellung nach § 56 IfSG:
Die vom Arbeitgeber an den Mitarbeiter während der Dauer von Beschäftigungsverbot und Quarantäne ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf dessen Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs.5 Satz 2 IfSG).

Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk das Gesundheitsamt liegt, das das berufliche

Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat bzw. das über die einzelne Person eine Quarantäne verhängt hat.

Die sachlich zuständige Behörde für den Erstattungsantrag ist in Schleswig-Holstein das Landesamt für soziale Dienste, Seminarweg 6, 24837 Schleswig. Wenn Sie auf den nachfolgenden Link klicken, finden Sie dort persönlich benannte Ansprechpartner in der Behörde sowie das Antragsformular zum Download.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/LASD/Aufgaben/Infektionsschutzgesetz/Infektionsschutzgesetz.html

Die sachlich zuständige Behörde für den Erstattungsantrag ist in Hamburg das Bezirksamt Hamburg-Mitte – Dezernat Gesundheitsaufsicht, Caffamacherreihe 1-3, 20355 Hamburg.

Wenn Sie auf den nachfolgenden Link klicken, finden Sie dort Informationen und Kontaktdaten (Telefonnummern und E-Mail-Adressen).

https://www.hamburg.de/mitte/gesundheitsaufsicht/

2.) Aktuelle arbeitsrechtliche Auswirkungen für die aufgrund von Allgemeinverfügungen geschlossenen Betriebe

Auf der Grundlage von § 28 Abs.1 IfSG haben die Länder Allgemeinverfügungen erlassen, mit denen für viele Arten von Gewerbebetrieben die Öffnung für den Publikumsverkehr verboten wurde. Da diese Betriebe ihrer Art nach auf Publikumsverkehr angewiesen sind, ist die Verfügung faktisch mit einer Schließung der Betriebe gleichzusetzen.

Nach der im Arbeitsrecht geltenden Betriebsrisikolehre trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko auch in solchen Fällen, in denen ihn kein Verschulden trifft.

Zu den anerkannten Fällen des Betriebsrisikos gehören vor allem sämtliche betriebstechnische Störungen, die zu einer Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führen. Zum Betriebsrisiko zählen zudem solche Fälle, in denen öffentlich-rechtliche Vorschriften und behördliche Anordnungen zu einem Arbeitsausfall führen. Das BAG hat einen Fall des Betriebsrisikos bei einem Verbot öffentlicher Veranstaltungen wegen Landestrauer bejaht. Die gleichen Grundsätze greifen auch bei einem Betriebsverbot wegen eines ausgerufenen Smogalarms; auch dieser Arbeitsausfall unterliegt daher dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Der Fall der Betriebsschließung wegen Pandemie ist natürlich weder kommentiert noch entschieden, aber nach den vorbeschriebenen Fallkonstellationen ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall der Betriebsschließung wegen Pandemie ein Betriebsrisiko gegeben ist, das der Arbeitgeber nach jetziger Rechtslage zu tragen hat.

Im Fall des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos wird der Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung (für die Dauer der Störung) frei; der Arbeitgeber bleibt verpflichtet, die vertragliche Vergütung zu zahlen.

Die derzeit einzig sinnvolle Möglichkeit zur Auflösung dieser finanziell unerträglichen Situation besteht in der Vereinbarung und Umsetzung von Kurzarbeit null. Darüber hatten wir in unserem Sonder-Rundschreiben vom 18.03.2020 ausführlich informiert.

Das finanzielle Problem der geschlossenen Betriebe ist natürlich durch die Erstattung der laufenden Personalkosten über das Kurzarbeitergeld nur anteilig gelöst, da auch die weiteren Kosten des Betriebes – jedenfalls teilweise – fortbestehen.

Sofern die erlassenen Allgemeinverfügungen rechtmäßig ergangen sind – was zu unterstellen ist – gibt es derzeit keine rechtlichen Vorschriften, nach denen Unternehmen gegen den Staat Erstattungs- oder Entschädigungsansprüche geltend machen könnten.

Die Politik kommuniziert, dieses Problem lösen zu wollen. Bisher wird als „Hilfsprogramm“ lediglich auf Steuerstundungen und „leichte“ Kredite verwiesen. Im Hinblick auf Erstattungs- oder Entschädigungsansprüche sind allerdings bisher keine konkreten Ansätze oder Vorschläge ersichtlich.

3.) Aktuelle arbeitsrechtliche Auswirkungen für mittelbar betroffene Betriebe

Eine große Gruppe von Betrieben ist zwar nicht von einer Schließung betroffen, erleidet aber – mittelbar betroffen – drastische Auftragseinbrüche.

Bei diesen Betrieben besteht ein Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeit, weil Kunden oder Zulieferer geschlossen sind oder aufgrund sonstiger Folgen der Pandemie Arbeitsmangel besteht.

Sofern Auftraggeber dieser Betriebe Aufträge stornieren oder deren Ausführung unmöglich machen, ohne dazu offensichtlich rechtlich gezwungen zu sein, sollte nach den bestehenden Verträgen durch Sie genau geprüft werden, ob ein solches Verhalten der Auftraggeber akzeptiert werden muss.

Soweit aber jedenfalls Arbeitsmangel vorliegt, sollte – soweit noch nicht geschehen - Kurzarbeit vereinbart und umgesetzt werden. Soweit Arbeitsmangel absehbar zu erwarten ist, sollte rechtzeitig mit der Vorbereitung der Umsetzung von Kurzarbeit begonnen werden. Zum Thema Kurzarbeit haben wir in unserem Sonderrundschreiben vom 18.03.2020 ausführlich informiert.

In den mittelbar betroffenen Betrieben besteht häufig – jedenfalls für einen Teil der Abteilungen – noch ein Rest von Beschäftigungsmöglichkeit. In diesen Betrieben wird sinnvoller Weise anteilige Kurzarbeit vereinbart und jedenfalls nur für bestimmte Abteilungen Kurzarbeit null.

4.) Arbeitsrechtliche Auswirkungen einer Ausgangssperre

a)
Der Regelungsgehalt und seine Auswirkungen: Bayern hat als erstes Bundesland mit Geltung ab 21.03.2020, 00:00 Uhr eine Allgemeinverfügung erlassen, die die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung einschränkt, eine sogn. „Ausgangssperre“.

Sofern sich die übrigen Bundesländer entscheiden, ebenfalls solche Verfügungen zu erlassen, so ist anzunehmen, dass diese einen ähnlichen oder vergleichbaren Inhalt haben.

In der bayrischen Allgemeinverfügung heißt es zu Ziffer 4.):

Das Verlassen der eigenen Wohnung ist nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt. Triftige Gründe sind insbesondere:

a) die Ausübung beruflicher Tätigkeiten,
b) die Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsleistungen […],
c) Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs […],
d) der Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken […],
e) die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen,
f) die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen im engsten Familienkreis,
g) Sport und Bewegung an der frischen Luft, allerdings ausschließlich alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes […],
h) Handlungen zur Versorgung von Tieren.

Es ist zunächst festzustellen, dass der Katalog an triftigen Gründen, die zum Verlassen der Wohnung berechtigen, noch vergleichsweise weitreichend ist. Es ist außerdem festzustellen, dass das Verlassen der Wohnung zum Zweck der Erbringung der Arbeitsleistung mit der höchsten Priorität benannt wird.

Eine solche Allgemeinverfügung „Ausgangssperre“ beschränkt die Bewegungsfreiheit der Menschen demnach im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung nicht. Das Verlassen der eigenen Wohnung zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit ist ausdrücklich erlaubt. Diese oder eine vergleichbare Verfügung hat also überhaupt keine arbeitsrechtlichen Auswirkungen.

Nach derzeitigem Stand hoffen wir berechtigt, dass keine Verfügungen erlassen werden, die inhaltlich restriktiver / strenger ausgestaltet wären, als die bayrische Allgemeinverfügung.

b)
Die Glaubhaftmachung triftiger Gründe: Die Allgemeinverfügung regelt in Ziffer 6.):

Die Polizei ist angehalten, die Einhaltung der Ausgangsbeschränkung zu kontrollieren. Im Falle einer Kontrolle sind die triftigen Gründe durch den Betroffenen glaubhaft zu machen.

Im juristischen Sinne ist eine Glaubhaftmachung bereits erfolgt, wenn der Umstand, der glaubhaft gemacht werden soll, als wahrscheinlich erscheint. Es wird an dieser Stelle kein Nachweis gefordert und erst recht kein Beweis. Es wird auch nicht gefordert, dass der jeweilige Arbeitnehmer ein Dokument zur Glaubhaftmachung seines Arbeitsweges bei sich zu führen hat.

Es ist derzeit also nicht davon auszugehen, dass ein vom Arbeitgeber ausgestellter, sogn. „Berechtigungsschein“ zwingend erforderlich ist, damit ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsweg bewältigen kann, bzw. auch nach einer Kontrolle fortsetzen kann. Eine Glaubhaftmachung des Arbeitsweges kann – im Falle einer Polizeikontrolle – auf vielfältige Weise erfolgen, zunächst einmal verbal unter Benennung des Arbeitgebers und der Firmenadresse, zudem z.B. durch eine geschäftliche Visitenkarte in Zusammenhang mit einem Personalausweis oder durch eine Kopie des Arbeitsvertrages (oder auch einer Entgeltabrechnung) in Zusammenhang mit einem Personalausweis.

Mit diesen Ausführungen soll die Sorge genommen werden, dass ein Arbeitsweg schlechthin nicht mehr erfolgreich zu bewältigen wäre, wenn Arbeitnehmer nicht bereits am ersten Tag des Inkrafttretens einer Ausgangssperre über ein speziell für diesen Fall ausgestelltes Dokument ihres Arbeitgebers verfügen.

Natürlich ist ein entsprechendes Dokument – wenn Ausgangssperren in Kraft getreten sind – sinnvoll, um die Glaubhaftmachung für jeden Mitarbeiter zu erleichtern.

Ein vom Arbeitgeber ausgestellter „Berechtigungsschein“, der geeignet ist, glaubhaft zu machen, dass der Mitarbeiter die Wohnung zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit verlassen hat, ist nachfolgend als Muster dargestellt.

 

Briefkopf des Unternehmens

Mayer-Müller GmbH & Co. KG
Industriestraße 12, 12345 Musterstadt

Arbeitgeberbescheinigung – Nachweis der Ausübung der beruflichen Tätigkeit

für Frau/Herrn
Max Muster
Musterstraße 12, 20233 Musterstadt
- Arbeitnehmer –

Wir bestätigen, dass der oben genannte Arbeitnehmer in unserem Unternehmen beschäftigt ist und dort fortgesetzt seine berufliche Tätigkeit ausübt.

Sofern die Tätigkeit an einem anderen Ort zu erfolgen hat als dem im Briefkopf genannten
Unternehmenssitz:

Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung an folgendem Ort:

………………………………………………………………………..

Eine Angabe zur Arbeitszeit ist sicher hilfreich, aber wohl nicht absolut zwingend.
Sofern die Arbeitszeit sinnvoll (weil nicht täglich verändert) angegeben werden kann, sind
diverse Alternativen denkbar. Die nachfolgenden Alternativen sind Beispiele.

Alternative 1: Die regelmäßige Arbeitszeit des Mitarbeiters ist von 7.00 – 16.30 Uhr.

Alternative 2: Die Arbeitsleistung wird in Vertrauensarbeitszeit im Zeitfenster
von 6.00 – 20.00 Uhr erbracht.

Alternative 3: Der Mitarbeiter arbeitet im 3-Schichtsystem. KW 13 Frühschicht, 6.00 bis 14.00 Uhr; KW 14 Nachtschicht, 22.00 bis 6.00 Uhr; KW 15 Spätschicht, 14.00 bis 22.00 Uhr.

Ort, Datum

Unterschrift des Geschäftsführers, Prokuristen oder Personalleiters

=> Der volle Name und die Funktion des Unterzeichnenden sollte unter der Unterschriftenzeile gedruckt sein

 

5.) Allgemeinverfügung für SWH: Ausnahmebewilligung für Sonn- und Feiertagsarbeit, sowie Abweichungen von der täglichen Höchstarbeitszeit

Die staatliche Arbeitsschutzbehörde in Schleswig-Holstein hat am 19.03.2020 eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der eine Ausnahmebewilligung für Sonn- und Feiertagsarbeit für bestimmte Tätigkeiten erfolgt. Außerdem ist dort eine Abweichung von der täglichen Höchstarbeitszeit für bestimmte Tätigkeiten geregelt, sie kann bis zu 12 bzw. 14 Stunden betragen, die wöchentliche Arbeitszeit kann auf bis zu 60 Stunden erhöht werden.

Zum Text dieser Allgemeinverfügung gelangen Sie durch Klick auf den nachfolgenden Link.

https://www.uk-nord.de/fileadmin/user_upload/pdf/arbeitsschutz/Coronavirus/Allgemeinverfuegung_ArbZG_19032020.pdf

In Hamburg und Niedersachsen gibt es bisher keine vergleichbare Allgemeinverfügung.

 

 

ABER:

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