Häufige Rechtsfragen in der Pandemie - Ratgeber für Arbeitgeber

Die betrieblichen und arbeitsrechtlichen Auswirkungen des Corona-Virus beschäftigt uns alle auch weiterhin. Mit diesem Rundschreiben gehen wir auf die Rechtfragen ein, die derzeit am häufigsten in den Betrieben gestellt werden. Es werden hier folgende Themen behandelt:

  • Maßnahmen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Ansteckungsgefahr
  • Informations- und Mitteilungspflichten der Mitarbeiter im Hinblick auf Corona
  • Entgeltansprüche und Erstattungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz
  • Quarantäneanordnung für infizierte Mitarbeiter
  • Verpflichtung des Mitarbeiters zum Corona Test
  • Arbeitsrechtliche Sanktionen bei Verstoß gegen Corona Schutzvorschriften
  • Die Corona-Prämie 2020
  • Kurzarbeit und Verlängerungen von Vereinbarungen zur Kurzarbeit

1.) Maßnahmen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Ansteckungsgefahr
a)

Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmenkonzept
Es obliegt dem Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht nach § 618 BGB, alle notwendigen Maßnahmen umzusetzen, um seine Mitarbeiter zu schützen. Nach § 3 ArbSchG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Hierzu hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ herausgegeben, welcher Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber enthält. Sie können den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard aufrufen, indem Sie auf folgenden Link klicken:
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/sars-cov-2-arbeitsschutzstandard.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Weiterhin wurde die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel veröffentlicht. Sie finden diese über folgenden Link:
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/AR-CoV-2/pdf/AR-CoV-2.pdf?__blob=publicationFile&v=10
In beiden Papieren werden konkrete technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen beschrieben.
Der Arbeitgeber muss den Mitarbeitern danach insbesondere ermöglichen, die A-H-A-L Regeln einzuhalten bzw. die Einhaltung dieser Regeln im Betrieb anweisen. Soweit ein Betriebsrat besteht, müssen diese Maßnahmen vorab mit dem Betriebsrat, im Rahmen seines zwingenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG, abgestimmt werden.

b)
Pflicht der Arbeitnehmer zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maske)
Der Arbeitgeber kann nach § 106 GewO die Mitarbeiter dazu anweisen, eine Maske bei Betreten des Betriebsgeländes, in den allgemeinen Räumen usw., zu tragen.

Besteht ein Betriebsrat steht diesem mit der Einführung der Maskenpflicht ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG zu.

Bei der Anweisung zum Tragen einer Maske sollten die von der DGUV herausgegebenen Empfehlungen berücksichtigt werden, vgl.: https://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/themen_a_z/biologisch/kobas/tragezeitbegrenzung_kobas_27_05_2020.pdf

Darin wird z.B. geraten, dass Mitarbeiter bei mittelschwerer Arbeit nach jeweils 30 Minuten Maskenpausen einlegen sollen, also nach 30 Minuten Tätigkeiten ausführen sollen, die ohne Maske möglich sind.

Wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter dazu verpflichtet, eine Maske zu tragen, dann muss er diese Masken zur Verfügung stellen. Handelt es sich um mehrfach zu tragende Schutzmasken, hat der Arbeitgeber die Reinigung dieser Masken zu übernehmen bzw. zu organisieren.

Nun stellt sich immer häufiger die Frage, was zu beachten ist, wenn der Arbeitgeber eine solche Verpflichtung zum Tragen einer Maske eingeführt hat und der Mitarbeiter ein ärztliches Attest zur Befreiung der Maskenpflicht vorlegt.

In dem Fall müssen sämtliche möglichen anderen Maßnahmen geprüft werden, um dem Mitarbeiter seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zuweisen zu können. Ob unter Umständen eine Beschäftigungsmöglichkeit ganz ausscheidet, weil auch unter Berücksichtigung weiterer Schutzmaßnahmen kein leidensgerechter Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, ist im Einzelfall zu klären, auch inwieweit in einem solchen Fall ein Vergütungsanspruch des Mitarbeiters dennoch bestehen bleibt.

c)
Mitarbeiter „nach Hause schicken“
(1) Homeoffice – der Arbeitgeber kann grundsätzlich nicht einseitig anweisen, dass Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten müssen. Besteht aber die Möglichkeit und stattet der Arbeitgeber den Mitarbeiter mit den notwendigen Arbeitsmitteln aus, kann die Arbeit von zu Hause aus ggf. eine wesentliche und erforderliche Regelung zum Arbeitsschutz sein. Verweigert der Mitarbeiter dann die Arbeit im Homeoffice, kann er unter Umständen seinen Anspruch auf Entgelt verlieren.

(2) Freistellung – Sieht der Arbeitgeber eine Gefahr für den Mitarbeiter selbst oder andere Mitarbeiter und kann diese Gefahr nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen bzw. persönliche Schutzausrüstung wirksam verhindert werden, kann der Arbeitgeber dazu berechtigt sein, den Mitarbeiter freizustellen. In diesem Fall hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Fortzahlung der vertraglichen Vergütung (Annahmeverzug gemäß § 615 BGB).
Eine Maßnahme zum Schutz des Mitarbeiters selbst oder anderer Mitarbeiter im Betrieb kann es sein, dass einem Mitarbeiter ein Arbeitsplatz im Homeoffice bereitgestellt wird (s.o.).

2.) Informations- und Mitteilungspflichten der Mitarbeiter Hinblick auf Corona
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt zu der Frage, inwieweit ein Mitarbeiter den Arbeitgeber über eine bestehende Corona-Infektion informieren muss, wie folgt aus: „Fragen des Arbeitgebers nach dem Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers bedürfen grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung, da sie nicht unerheblich in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Aus diesem Grund enthalten z. B. ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Arbeitgebern vorgelegt werden, auch keine Diagnosen. Wurde bei einem Arbeitnehmer jedoch eine Erkrankung durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellt, kann der Arbeitgeber aber Auskunft hierüber verlangen, damit er seiner Fürsorge- und Schutzpflicht nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Arbeitnehmer schützen kann.“ https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Antworten-corona/corona-virus-arbeitsrechtliche-auswirkungen.html

a)
Positiver Test? – Wenn der Mitarbeiter während der Inkubationszeit Kontakt zu anderen Mitarbeitern, Kunden des Arbeitgebers o.ä. hatte, dann muss er den Arbeitgeber über einen positiven Corona-Test informieren. Der Arbeitgeber muss in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu ergreifen.
Unabhängig davon, ob der Mitarbeiter überhaupt getestet wird, muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber unverzüglich über eine angeordnete Quarantäne informieren.

b)
Familienangehörige bzw. andere infizierte Kontaktperson? – Um durch geeignete Maßnahmen reagieren zu können, ist der Mitarbeiter dazu verpflichtet, den Arbeitgeber darüber zu informieren, wenn ein im selben Haushalt lebendes Familienmitglied positiv auf das Corona-Virus getestet wurde bzw. Kontakt mit einer anderen positiv getesteten Person bestand. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine Kontaktperson der Kategorie I handelt und mit der Person enger Kontakt (z.B. min. 15 Minuten ohne Sicherheitsabstand) bestand. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat auf seiner Homepage die Kriterien für die Einstufung von Kontaktpersonen inkl. der in dem jeweiligen Fall angeratenen Maßnahmen näher beschrieben: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html

c)
Rückkehr aus einem vom Auswärtigen Amt bzw. RKI eingestuften Risikogebiet? – Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass der Mitarbeiter mitteilt, in welches Land / Gebiet er reisen möchte bzw. aus welchem er zurückkommt. Allerdings wird er auf eine Frage wahrheitsgemäß antworten müssen bzw. den Arbeitgeber hierüber informieren müssen, wenn er in ein Risikogebiet gereist ist bzw. reist und hierdurch eine Gefahr für andere Mitarbeiter, Kunden des Arbeitgebers o.ä. ausgeht. 

d)
„Corona Symptome“ – Bei Verdachtsfällen sieht Nr. 4.2.11 der SARS-CoV-2-Arbeitschutzregel vor, dass die betroffenen Personen durch den Arbeitgeber aufzufordern sind, die Arbeitsstätte unverzüglich zu verlassen und sich ggf. in ärztliche Behandlung zu begeben. Als Verdachtsfälle gelten Atemwegserkrankungen, die mit Fieber, Husten und Atemnot einhergehen. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitgeber die Schutzregeln ohne eine entsprechende Information des Mitarbeiters nicht einhalten kann, wird der Mitarbeiter jedenfalls über solche Symptome informieren müssen.

e)
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Derzeit besteht noch bis zum 31.12.2020 die Möglichkeit, dass Mitarbeiter bei einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach telefonischer Befragung durch den Arzt, für maximal 14 Tage ausgestellt bekommen.

3.) Entgeltansprüche und Erstattungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz

§ 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt einen Entschädigungsanspruch für Mitarbeiter

  • wenn über den Mitarbeiter nach dem Infektionsschutzgesetz eine Quarantäne verhängt wurde oder
  • wenn der Mitarbeiter wegen notwendiger pandemiebedingter Kinderbetreuung nicht in der Lage ist, die Arbeitsleistung zu erbringen.

Über die Vergütungsansprüche und Entschädigungsansprüche der Mitarbeiter in den beiden genannten Konstellationen hatten wir mit unseren Sonder-Rundschreiben vom 22.03.2020 und 05.04.2020 ausführlich informiert. Sie finden beide Sonderrundschreiben auf unsere Homepage, unter Mitgliederinformationen – VSW Rundschreiben 2020. Aktualisierend und ergänzend dazu Folgendes:

a)
Behördlich angeordnetes Tätigkeitsverbot / angeordnete Quarantäne
Wird gegenüber einem Mitarbeiter aufgrund einer behördlichen Anordnung ein Tätigkeitsverbot bzw. eine Quarantäne ausgesprochen, besteht grds. ein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist zunächst im Hinblick auf das Arbeitsentgelt für max. sechs Wochen vorleistungspflichtig. Der Arbeitgeber kann dann einen Erstattungsanspruch gegenüber der zuständigen Behörde geltend machen. Für die Antragstellung ist es wichtig, dass der Mitarbeiter dem Arbeitgeber die behördliche Anordnung übergibt, damit dieser den Erstattungsantrag stellen kann. Ohne die konkrete Anordnung werden die zuständigen Behörden keine Erstattung leisten.
Ausnahme: Es besteht vorrangig ein Anspruch des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber aus § 616 BGB.

b)
Kinderbetreuung
(1) Schließung der Betreuungseinrichtung - Der § 56 Abs. 1 a IfSG wurde für die Fälle in das Gesetz aufgenommen, in denen die Betreuungseinrichtung oder die Schule des Kindes pandemiebedingt schließt.

(2) Quarantäne des Kindes - In § 56 Abs. 1a Nr. 1 IfSG ist nicht konkret geregelt, was passiert, wenn ein Kind, das nicht erkrankt ist, in Quarantäne muss. Wird dem betreuenden Elternteil gegenüber ebenfalls eine Quarantäneanordnung ausgesprochen, gilt das gleiche wie unter a) beschrieben. Wird dem betreuenden Elternteil gegenüber jedoch keine Anordnung zur Quarantäne ausgesprochen, muss das Kind (bis 12 Jahre oder mit einer Behinderung) dennoch betreut werden. Soweit die Betreuung des Kindes nicht anders geregelt werden kann, besteht in diesem Fällen die Möglichkeit der Mitarbeiter der Arbeit fern zu bleiben, um sich um die Betreuung des Kindes zu kümmern. Wenn das Kind nicht erkrankt ist, fällt ein Anspruch nach § 45 SGB V aus. Es kann dann ein Anspruch aus § 56 Abs. 1 a IfSG bestehen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat hierzu auf seiner Seite folgende Information veröffentlicht: „Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ist, dass eine erwerbstätige Person einen Verdienstausfall erleidet, der darauf beruht, dass sie infolge ihr(es) unter Quarantäne gestellten Kindes oder aufgrund der Schließung einer Kita, einer Schule oder einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten ihr(e) betreuungs-, beaufsichtigungs- oder pflegebedürftiges Kind(er) selbst betreuen, beaufsichtigen oder pflegen muss, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann, und ihrer Erwerbstätigkeit deswegen nicht nachgehen kann. Ein Kind ist dann betreuungsbedürftig, wenn es das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wenn es sich um ein Kind mit Behinderungen handelt, das auf Hilfe angewiesen ist. Für ein hilfebedürftiges Kind mit Behinderungen gilt keine Altersgrenze, das heißt ein Entschädigungsanspruch besteht grundsätzlich auch bei volljährigen Kindern.“ https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Entschaedigung-Eltern/entschaedigung-eltern.htm

Auch in diesen Fällen kommt ggf. vorrangig ein Anspruch des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber aus § 616 BGB in Betracht.

c)
Entgelt / Erstattung wegen Quarantäne nach Rückkehr aus einem Risikogebiet

Der Arbeitgeber kann Mitarbeitern nicht wirksam verbieten, eine private Reise zu unternehmen, selbst dann nicht, wenn der Mitarbeiter in ein ausgewiesenes Risikogebiet reist.

Wenn er nicht verhindern kann, dass ein Mitarbeiter in ein Risikogebiet reist, stellt sich bei Rückkehr die Frage, ob der Arbeitgeber dennoch verpflichtet sein soll, das Entgelt für die Dauer der Quarantäne zu zahlen. Weiterhin ist fraglich, ob ein Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG besteht. Besteht die Möglichkeit, die Tätigkeit im Homeoffice zu erbringen, wird der Mitarbeiter dazu verpflichtet sein, um einen Vergütungsanspruch zu behalten.

Personen, die aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreisen, müssen grundsätzlich in Quarantäne. Teilweise kann die Dauer der Quarantäne verkürzt werden, wenn ein negativer Coronatest vorliegt. Die BDA hat eine Aufstellung aller derzeit in Deutschland bestehenden Quarantäne-Verordnungen der Länder für Ein- und Rückreisende erstellt.

Für die Frage, ob ein Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG in Betracht kommt, ist es entscheidend, ob die Reiseregion bereits vor Beginn der Reise als Risikogebiet ausgewiesen wurde oder erst während der Reise.

    1. Reiseregion vor der Reise Risikogebiet : In diesem Fall besteht grds. kein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG.
    2. Reiseregion wird während der Reise zum Risikogebiet : In diesem Fall besteht grds. ein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG.

In jedem Fall sollte der Arbeitgeber das Entgelt für die Dauer einer Quarantäne nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Erstattung zahlen. Wenn der Arbeitgeber, trotz ordnungsgemäßer Antragstellung, im Anschluss die Erstattung der Behörde nicht erhält, kann er das an den Mitarbeiter gezahlte Entgelt von diesem zurückverlangen.

4.) Quarantäneanordnung für infizierte Mitarbeiter
a)

Mitarbeiter ist arbeitsunfähig erkrankt
Soweit ein Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt ist, gelten grds. die Regelungen zur Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), vgl. § 3 EFZG.

Derzeit höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob der Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG vorrangig besteht und damit einen Anspruch nach § 3 EFZG ausschließt. Die Behörden gehen davon aus, dass § 3 EFZG anzuwenden sei, soweit ein Mitarbeiter während der angeordneten Quarantäne erkrankt ist. In der arbeitsrechtlichen Literatur wird jedoch zu Recht vertreten, dass ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur dann besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit einziger Grund für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Hingegen entfällt bei einer angeordneten Quarantäne schon deswegen die Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Dies hätte zur Folge, dass der Mitarbeiter bei einer Arbeitsunfähigkeit nur den geringeren Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG verlangen kann.

Ob ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung möglicherweise deswegen vollständig nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ausgeschlossen ist, weil den Mitarbeiter ein Verschulden trifft, muss im Einzelfall geklärt werden. Das LAG Schleswig-Holstein entschied 2019, dass ein sog. „Verschulden gegen sich selbst“ dazu führen kann, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfällt. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des LAG ein grober oder gröblicher Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen und damit ein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten. Allein die Reise in Risikogebiet wird dafür nicht ausreichen, vielmehr muss dann mindestens noch ein grober Verstoß gegen Abstands- und Hygieneregeln hinzukommen. Wenn sich der Arbeitgeber auf die Einwendung berufen möchte, dass der Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt hat, ist der Arbeitgeber für die Tatsachen, aus denen sich der Ausschließungsgrund ergibt, darlegungspflichtig.

b)
Mitarbeiter zwar positiv getestet, aber symptomfrei
In diesem Fall ist der Mitarbeiter nicht arbeitsunfähig erkrankt, sondern in diesem Fall ist ausschließlich die angeordnete Quarantäne dafür verantwortlich, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung nicht erbringt.

(1) Ist die Tätigkeit im Homeoffice möglich und arbeitet der Mitarbeiter, so ist das reguläre Entgelt weiterzuzahlen.

(2) Ist die Tätigkeit im Homeoffice nicht möglich, kommt in diesem Fall nur ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG in Betracht soweit der § 616 BGB ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Ziff. 3.) und die dort benannten Sonderrundschreiben).

5.) Verpflichtung des Mitarbeiters zum Corona Test

Es gibt rechtlich keine Handhabe, einen Mitarbeiter zu einem Corona-Test zu verpflichten. Die Frage, ob eine Person getestet wird, entscheiden die zuständigen Ärzte bzw. das zuständige Gesundheitsamt. Hierzu hat das Robert Koch-Institut die Testkriterien angepasst, in welchen Fällen ein Labortest sinnvoll ist, vgl.: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Teststrategie/Testkriterien_Herbst_Winter.html;jsessionid=3D74333C341E2D06FBF6F8FCB6B4F967.internet071)

a) Wer trägt die Kosten eines solchen Tests? – In den Fällen, in denen ein Test angeordnet wird, zahlt diesen Test die Krankenkasse.

b) Gibt es zuverlässige Schnelltests? – Es gibt die Antigen-Schnelltests. Diese werden mittels eines Rachenhinterwandabstrichs durchgeführt. Allerdings ist für die Zuverlässigkeit des Testergebnisses ein Rachenhinterwandabstrich mit ausreichender Qualität erforderlich, der nur durch medizinisch geschultes Personal entnommen werden kann.

Die Antikörper-Schnelltests, die mittels Blutprobe testen, sind hingegen nicht zuverlässig, vor allem weil die Antikörper im Blut wieder verschwinden können. Eine einfach zu handhabende und zuverlässige Testmöglichkeit im betrieblichen oder privaten Umfeld ist daher derzeit wohl nicht zu realisieren.

6.) Arbeitsrechtliche Sanktionen bei Verstoß gegen Corona-Schutzvorschriften

Hat der Arbeitgeber, soweit erforderlich in Abstimmung mit dem Betriebsrat, konkrete Hygiene- und Abstandsregeln usw. im Betrieb eingeführt, die Mitarbeiter in geeigneter Form hierüber informiert und zur Einhaltung dieser Regeln angewiesen, so sind die Mitarbeiter im Betrieb aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) zur Einhaltung dieser Regelungen verpflichtet. Hält sich ein Mitarbeiter nicht an diese Regelungen, kann dieses Verhalten abgemahnt werden. Bei wiederholten oder besonders groben Verstößen kann in diesen Fällen auch eine (fristlose) Kündigung des Mitarbeiters in Betracht kommen.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Mitarbeiter auch deswegen arbeitsrechtlich sanktioniert werden kann, weil er in seinem privaten Lebensbereich gegen Corona-Regeln verstoßen hat. Dies ist bisher höchstrichterlich selbstverständlich noch nicht entschieden und wird in der arbeitsrechtlichen Literatur sehr kontrovers diskutiert. Zum einen besteht der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der es einem auch erlaubt, z.B. wissentlich in ein Risikogebiet zu fahren. Zum anderen unterliegt der Mitarbeiter arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten, die er z.B. dadurch verletzt, dass er sich mit einer Reise in ein Risikogebiet wissentlich in die Situation bringt, dass er aufgrund der später angeordneten Quarantäne seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann.

7.) Die Corona-Prämie 2020

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro nach § 3 Nr. 11a EstG steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren.
Voraussetzungen:

  • max. 1.500 Euro im Jahr 2020
  • Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Anspruch auf Entgelt
  • Unterstützung als Abmilderung

Die Voraussetzungen zur Gewährung der sog. Corona-Prämie hat das Bundesministerium für Finanzen in seinem Schreiben vom 26.10.2020 dargestellt: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2020-10-26-steuerbefreiung-fuer-beihilfen-und-unterstuetzungen-neufassung.pdf?__blob=publicationFile&v=2

8.) Kurzarbeit und Verlängerungen von Vereinbarungen zur Kurzarbeit

Der Bundestag hat am 20.11.2020 Anschlussregelungen für das Kurzarbeitergeld ab Januar 2021 beschlossen. In dem Gesetz „zur Beschäftigungssicherung infolge der Covid-19-Pandemie“ (Beschäftigungssicherungsgesetz) ist vorgesehen, die Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes (auf 70/77 Prozent ab dem vierten Monat und 80/87 Prozent ab dem siebten Monat) bis zum 31. Dezember 2021 für alle Beschäftigten zu verlängern, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.

Zudem sollen die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden, so dass Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügig entlohnten Beschäftigung anrechnungsfrei bleibt. Der Anreiz, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche Weiterbildung zu nutzen, soll dadurch weiter gestärkt werden, dass die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr daran geknüpft wird, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.

Die Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung sieht vor, dass die Zugangserleichterungen (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden) bis zum 31. Dezember 2021 für Betriebe, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben, verlängert werden. Auch die Öffnung des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer soll bis zum 31. Dezember 2021 für Verleihbetriebe verlängert werden, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.

Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit soll jedenfalls bis 30. Juni 2021 verlängert werden. Vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 sollen die Sozialversicherungsbeiträge zu 50 Prozent erstattet werden, wenn mit der Kurzarbeit bis 30. Juni 2021 begonnen wurde.

Die zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld vom 12. Oktober 2020 sieht eine Verlängerung der Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld für Betriebe vor, die mit der Kurzarbeit bis zum 31. Dezember 2020 begonnen haben. Für sie soll die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes bis zu 24 Monate verlängert werden, längstens bis zum 31. Dezember 2021.

Soweit die ursprüngliche Vereinbarung zur Kurzarbeit ausläuft, muss entweder eine neue Vereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen werden oder man kann auch eine Vereinbarung zur Verlängerung der Kurzarbeit abschließen. 
 

ABER:

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